Donnerstag, 22. November 2012

Endlich - Blauer Himmel

Das Wetter heute morgen spiegelt perfekt die Stimmung im Haus wieder. Strahlend blauer Himmel, klirrend klare Luft, ach, fühlt sich das wunderbar an.

Gestern abend, nachdem sie sich mit einer Flasche Rotwein Mut angetrunken ein Herz gefasst hatte, sprach Sina mich an: "Du wolltest doch noch mit mir reden, darüber, wie lange ich noch bleiben werde."

"Ja genau. Du hattest ja dem Besten Ehemann gesagt, Du möchtest, dass wir uns ein neues Au Pair suchen. Ist das noch der Fall?"

"Ich seh keinen Sinn mehr in meinem Leben hier." Bei so einem Satz schrillen bei mir gleich alle Alarmglocken, vor allem, wenn er von einem Mädchen mit melodramatischer Ader wie Sina kommt.

"Äääh.. wie meinst Du das?"

"Ich kann mein Deutsch gar nicht mehr verbessern und mir fehlen meine Freunde..." Sie nimmt noch einen Schluck Rotwein. "Ich hab mich die letzten zwei Wochen ganz schlecht benommen, damit Ihr mich wegschickt, aber Ihr seid zu nett und schickt mich einfach nicht weg!"

Da muss ich dann doch lachen. "Das ist ja eigentlich eine typisch männliche Stragegie.", sage ich. "Die Beziehung nicht selber zu beenden, sondern sich solange wie ein Arsch aufzuführen, bis die Freundin die Konsequenzen selbst ziehen muss."

Ich werde wieder ernst. "Sina, ich kann verstehen, dass Du Dich hier einsam fühlst, und dass Du denkst, dass Dein eigentliches Leben, Deine Ausbildung und das alles gerade auf Pause steht. Von daher, wenn Du gehen möchtest, dann mach ich Dir keinen Vorwurf, dann fang ich morgen an, nach einem neuen Au Pair zu suchen. Aber die Entscheidung, ob Du gehen oder ob Du bleiben möchtest, die liegt bei Dir, die nehme ich Dir nicht ab. Wir bieten Dir jedenfalls beides an."

Ich kann sehen, dass sie hin und hergerissen ist. Und jetzt gibt sie auch zu: "Am Anfang war ich hier so glücklich, aber die letzten beiden Wochen waren ganz furchtbar, weil Ihr ja gar nicht mehr mit mir redet, seit ich aus dem Urlaub zurück bin."

Das ist für mich die perfekte Überleitung. "Okay, dann lass uns mal drüber sprechen, warum ich so enttäuscht war von Deiner Urlaubsaktion, und wie das alles auf mich gewirkt hat." Und dann erklär ich ihr, was der Beste Ehemann ihr anscheinend nicht verständlich machen konnte - dass ich mich getäuscht und ausgenutzt fühlte. Es dauert etwas, aber irgendwann versteht sie meine Sicht der Dinge. Und sagt, dass wäre ihr bisher überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass ich das so sehen könnte. Der Rotwein tut sein übrigens zum schlechten Gewissen, jetzt fliessen auch die Tränen.

Es ist noch einiges mehr passiert an diesem Abend, aber das ist eine andere Geschichte, die vielleicht ein andermal erzählt wird. Stand heute ist jedenfalls, dass wir Sina jetzt erstmal ein paar Tage geben, sich darüber klar zu werden, was sie wirklich will. Ich meinte es jedenfalls ernst, wir sind offen für beide Alternativen. To go or not to go...





5 Kommentare:

  1. Hallo Franziska
    Ich war selbst auch Aupair und bin nach 2 Monaten wieder nach Hause geflogen weil meine GM und ich uns nicht richtig einig werden konnten. Bei uns war es allerdings eher das Problem, dass ich keine richtigen Arbeitszeiten hatte und immer "auf Abruf" sein musste und auch keine richtigen Arbeitsaufgaben. Ich könnte hier gut einen Roman schreiben, was ich alles falsch fand und wie ich es besser gefunden hätte. Aber meine GM und ich kamen einfach nicht richtig zusammen...
    Ich schaue oft hier vorbei und war gespannt wie es weiter gehen wird mit Sina.
    Jetzt nach 2 Jahren kann ich auch ein bisschen besser über die Zeit reflektieren. Jetzt fallen mir so viel bessere Lösungsvorschläge ein als den Abbruch und ich wäre wohl stolzer wenn ich es durchgezogen hätte.
    Aber alle hätte, wenn und abers nutzen ja nichts mehr.
    Ich hoffe, dass ihr eine Lösung findet und du nicht noch zusätzlich zum Weihnachtsstress ein neues Aupair suchen musst.
    Liebe Grüße
    Anna

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  2. Hallo Anna,

    vielen Dank für Deinen Kommentar. Ja, Reden hilft, zumindest solange das Verhältnis nicht völlig zerüttet ist. Ich bin auch gespannt, wie sich Sina entscheidet, momentan würde ich aber eher darauf wetten, dass sie bis zum Ende durchhält...

    Nachdem ich mittlerweile mehr von Au Pairs gehört habe, die abgebrochen haben, als von Au Pairs, die die ganze Zeit wie geplant geblieben sind, würde mich die echte Abbruchquote sehr interessieren.

    Viele Grüße,
    Franziska

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  3. Uff, das ist also des Rätsels Lösung. Immerhin, der Kaugummi ist verschluckt, jetzt kann es also wieder besser werden. Liebe Grüße, Mara.

    Wir haben übrigens immer noch guten Kontakt zu Elisabeth. Sie war die erste und wird wohl die einzige bleiben, denn jetzt sind alle Kinder im Kindergarten. Glücklicherweise ist sie uns als Babysitterin erhalten geblieben, weil sie jetzt hier in der Nachbarstadt studiert.

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  4. Hallo Franziska,

    mit großem Interesse habe ich deinen Blog gelesen. Ich war selber vor 5 Jahren Au Pair, und ja, die Abbruchquote würde mich auch sehr interessieren. Bei den Au Pairs, die ich kannte, was es so, dass ca. 20% abgebrochen/gewechselt haben, ca. 40% eher unzufrieden waren und ca. 40% sehr zufrieden. Ich habe auch nicht so gute Erfahrungen gemacht und habe mich deshalb mit meiner Gastfamilie frühzeitig darauf geeinigt, statt den geplanten 8 Monaten nur 5 zu bleiben.

    Ich denke, das Problem ist, dass zwei Seiten mit völlig unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichen Erwartungen zusammen kommen. Und wenn es einfach nicht passt zwischen den beiden Seiten, was ja eigentlich völlig normal ist, wird es schwierig.

    Ich finde, Au Pair ist eine super Sache und kann für beide Seiten ganz toll werden wenn alles passt, aber die Chance ist einfach sehr groß dass es schief geht.

    Eigentlich hätte ich total Lust, irgendwann auch mal ein Au Pair aufzunehmen und all das anders zu machen, was mich an meiner Gastfamilie gestört hat. Aber wenn man in den Blogs so liest, was einige Au Pairs sich so alles leisten, dann will ich doch lieber nicht...

    Viele Grüße,

    Annika

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  5. Hallo Annika,

    willkommen zu meinem Blog! Und Dein Beitrag bringt mich gleich zu einer weiteren Frage: es würde mich auch interessieren, wieviele ehemalige Au Pairs dann wieder selber Au Pairs aufnehmen :-).

    Hach, da könnte man so viele schöne bunte Statistiken machen bzw diese jetzt so modernen Infographics...

    Liebe Grüße,
    Franziska

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