Donnerstag, 9. Februar 2012

Der Beginn

Heute bin ich auf ein interessantes Blog einer Au Pair Gastfamilie gestossen. Beim Lesen musste ich oft lachen und nicken, und ein paarmal dachte ich "also geht es anderen auch so!" Wir erleben gerade das Ende vom Anfang, also die letzten Aufenthaltstage unseres ersten Au Pairs. Und auch wir können eine ganze Menge erzählen!

Unser AP kommt aus Argentinien. Wir haben uns über aupair-world.net kennengelernt, eine Website, bei der Gastfamilien und AP-Kandidaten sich direkt finden können, ohne eine zwischengeschaltete Agentur. Als ich von dieser Webseite erfuhr, war ich gleich begeistert. Mir war der Gedanke, von einer Agentur ein Mädchen ausgesucht zu bekommen, die dann eines Tages als Wildfremde vor meiner Tür steht, immer suspekt. Und als ich doch einmal bei einer lokalen Agentur anrief, erzählte mir die Besitzerin gleich, dass wir als Gastfamilie nicht in Frage kämen, da wir ja beide voll berufstätig sind, und das wäre doch zuviel für so ein armes Au Pair.

Nach diesem Fiasko hatte ich den Au Pair Gedanken eigentlich beerdigt, doch dann empfahl ein Kollege mir aupair-world.net. Ausserdem passten auch die Familienumstände, unsere beiden Kinder waren 2 und 5, besuchten beide den Kindergarten, so dass die 30 Arbeitsstunden des Au Pairs die benötigte Zeit auch abdecken würden.

T. war eine der allerersten Kontakte, die ich dort knüpfte. Zwischen uns "klickte" es von Anfang an. Ich hatte in unserem Profil angegeben, dass mein Sohn unter Nahrungsmittelallergien leidet. Von den vielen Mädels, die mich kontaktierten, sprachen mich gerade mal zwei darauf an, eine davon T. Ausserdem schrieb sie perfekt Englisch und zwischen uns entwickelte sich ein reger Emailverkehr. Als ich sie am Frankfurter Flughafen abholte, war keine Fremdheit zwischen uns - die 4-stündige Rückfahrt redeten wir non-stop.

Aber wie AupairFamilieNRW so schön beschreibt, gibts halt die Honeymoon-Phase, die Dreimonatskrise usw, und wir hatten das alles auch. Nur schade, dass ich ihr Blog erst jetzt gefunden habe! Wir haben zwar diese Phasen auch aus eigener Kraft überwunden, aber vielleicht hätte ich mehr über den Dingen stehen können?

T. ist mittlerweile 11 Monate bei uns. Sie wird uns in 3 Wochen verlassen, etwas eher als geplant, da ihre Mutter schwer krank geworden ist. Wir sind traurig, sie ziehen zu lassen, aber freuen uns ehrlich gesagt auch auf ein neues Familienmitglied.

In vielem ist T. ein sehr gutes, nahezu perfektes Au Pair. Sie ist zuverlässig, vertrauenswürdig, lustig, erledigt ihre häuslichen Aufgaben und geht gut mit den Kindern um. Sie hat sich mit Hingabe in den Ernährungsplan vom Sohnemann eingearbeitet. Sie hatte nie Interesse an Männerbekanntschaften! Sie spricht perfekt Englisch und ihr anfänglich holperiges Deutsch hat sich sehr gebessert. Sie kocht gut. Sie hat mir einen wunderschönen Geburtstagsmorgen bereitet, mit hübsch angezogenen Kindern, festlich gedecktem Tisch, Luftballons und Torte. Das werde ich ihr nie vergessen.

Aber. Es gibt halt immer was zu meckern, nicht wahr? Vielleicht wissen wir sie auch nicht richtig zu schätzen und brauchen da erst den Vergleich zu anderen Au Pairs? Oder vielleicht ist es der Abnutzungseffekt, der nach einem Jahr engen Zusammenlebens auftritt? Es gibt halt ein paar Sachen, die uns nerven oder die wir schade finden.

Sie skyped jeden Abend bis spät in die Nacht nach Hause, nach Argentinien. Sie lebt mehr in der argentinischen Zeit als in unserer. Das bedeutet unter anderem, dass sie fast nie mit uns zu Abend isst, sondern gegen neun aus ihrem Zimmer kommt, sich was brutzelt und dann mit einem Teller in ihr Zimmer verschwindet. Wir hätten uns gewünscht, dass sie mehr am Familienleben teilnimmt, oder dass sie in Deutschland Freunde findet. Aber laut dem oben genannten Blog ist das wohl jetzt eher die Norm, dass die Mädels ihr zu Hause nicht loslassen können und sich nie wirklich auf Deutschland einlassen. Schade.

Sie ist trotz ihrer Jugend der wohl unflexibelste Mensch, den ich kenne. Jede Änderungsanfrage wird erstmal mit einem mürrischen Gesicht und meistens einer merkwürdigen Ausrede abgeschmettert. Wenn ich darauf beharre, gibt sie oft nach und fängt sich nach einiger Zeit dann auch wieder. Aber man überlegt sich halt schon zweimal, ob man eine Bitte äussert. (Und wir kommen ihr wirklich in sehr vielen Dingen entgegen - es ist ja immer ein Geben und Nehmen.)

Sie beaufsichtigt die Kinder, sie tobt oder tanzt auch mit ihnen, liest mal vor, geht raus usw, aber richtig mit ihnen spielen, das passiert eigentlich nie. Da das auch meine eigene Schwachstelle ist, mir fehlt da oft die Phantasie, hatte ich gehofft, dass ein Mädchen, das altersmässig einfach näher an der Kindheit ist, selbst auch noch Freude am Spielen hat. Sei es ein Brettspiel mit unserer Grossen, oder Puzzeln mit dem Kleinen - Fehlanzeige.

Trotz alledem: wenn ich so darüber nachdenke, T. hat es uns in vielen Dingen leicht gemacht. Durch unseren guten Draht zueinander und ihre offene, ehrliche Art konnten wir auch schwierige Themen ansprechen. Wir konnten uns gegenseitiges Grummeln immer verzeihen :-). Ich musste mir nie Sorgen um unsere Kinder machen, wenn sie bei ihr waren. Ich hoffe, wir bleiben in Kontakt, ich bin schon sehr neugierig, wie es bei ihr weitergeht. Sie studiert Theater- und Filmwissenschaften in Buenos Aires, nicht gerade ein Studium mit blendenden Zukunftsaussichten.

Jetzt überlege ich, was wir ihr zum Abschied schenken können? Zu Weihnachten hab ich ihr bereits einen Fotokalender mit denkwürdigen Schnappschüssen ihres Aufenthalts hier geschenkt, also Mementos haben wir abgehakt. Ihr Interesse an deutscher Kultur geht gerade eher gegen Null, aber vielleicht freut sie sich ja über deutsche Popsongs, wenn sie wieder in Argentinien ist?

2 Kommentare:

  1. Juhu endlich ein neuer Gastfamilienblog :)

    Darf sich dich auf meiner Seite verlinken? Denn du bist bestimmt nicht die einzige AP Mama die sich gefreut hat die Erfahrungen von anderen zu lesen. Ich bin vor 2 Jahren von Hostmam inspiriert worden.

    Liebe Grüße und einen guten Start

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  2. Vielen Dank - und ja gerne kannst Du mich verlinken! Ich hab ja ganz frech auch schon auf Dich gelinkt. Ich wäre wirklich gern eher auf Deine Seite gestossen, aber jetzt folge ich Dir ganz treu! :-)

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